Text: Norbert Liszt (Wegweiser ANTHROPOSOPHIE) im Gespräch mit Brigitte Iwin und Gerald Jöbst

Im September 2014 wird die Buchhandlung "Zum gläsernen Dachl" von Brigitte Iwin an Gerald Jöbstl übergeben. 

Gerhard und Brigitte Iwin haben die Buchhandlung vor 28 Jahren in den Räumen der Stadtinitiative im 7. Wiener Gemeindebezirk ins Leben gerufen. Der Namen "Gläsernes Dachl" hat sich ergeben, weil die damaligen Räumlichkeiten in einem mit Glas überdachten Innenhof untergebracht waren. 1993 erfolgte die Übersiedlung in das heutige, nur wenige Häuser entfernte Quartier, das leicht erreichbar ist und ebenfalls über ein gläsernes Dachl verfügt.

Der Gründungsimpuls von Gerhard und Brigitte Iwin war der Wunsch, die umfangreiche Literatur, die es auf anthroposophischem Gebiet gibt, offen und leicht zugänglich zu machen, einen Ruhepol mitten in der Stadt zu schaffen, den man ohne Schwellenangst betreten kann, um nach Herzenslust zu stöbern und zu schmökern. 

Eine kleine Leseecke und zahlreiche Sitzgelegenheiten laden daher dazu ein, sich häuslich niederzulassen und in eine spirituelle Welt einzutauchen. 

Sämtliche Schriften und Vortrage von Rudolf Steiner, alles über Waldorfpädagogik, anthroposophisch erweiterte Medizin, Heilpädagogik, Biographiearbeit, Kunst und Kunsttherapien, Eurythmie, Christengemeinschaft, Ernährungskunde, goetheanistische Naturwissenschaft, biologisch dynamische Landwirtschaft ... und zahlreiche Kinder- und Jugendbücher. 

Aber vor allem findet man dort eine angenehme, ungestörte Atmosphäre und erlebt eine sehr persönliche, liebenswürdige und fachkundige Beratung. 

Abgesehen von Insidern, die gezielt nach Büchern fragen, kommen auch Menschen, die sich einfach umsehen wollen, Rat suchen, andere Gesichtspunkte kennen lernen wollen. 

Es kommen aber auch Menschen aus der Umgebung, die "read global, buy local" beherzigen und Passanten, denen auffällt, das es hier etwas anders zugeht ("Ein total netter Laden!" "Haben Die auch normale Bücher?").

Auch die jüngsten Leser finden im Gläsernen Dachl, was es anderswo nicht gibt, und so wurde die Buchhandlung im Jahr 2008 von der Zeitschrift "Live" zu einem der drei nettesten Kinderbuchgeschäfte Wiens gewählt. 

Als Ort der Begegnung und Treffpunkt hat sich die Buchhandlung bewährt. Viele Gespräche zwischen Menschen, die einander vorher noch nie gesehen haben, finden statt. Anregungen, Diskussionen, Beratungen, aber auch spontane Gesangseinlagen (zuletzt "Papageno") kann man erleben.

Manchmal wird einfach die Gratis-Zeitung a-tempo abgeholt, auf die Pinnwand geschaut, was es Neues gibt, nach dem Wegweiser oder nach Adressen von Waldorfschulen, Ärzten oder Therapeuten gefragt oder geschaut, ob der Freund, mit dem man sich treffen wollte, schon da ist ("Wo bleibst du denn? Ich hab doch gesagt "Burggasse", nicht "Berggasse!").

So wie die Buchhandlung mehr ist als nur eine Buchhandlung sind auch Kunden mehr als nur Kunden - viele sind Freunde geworden!

Frau Iwin wird ihren Laden sehr vermissen, weiß aber zugleich, dass sie keinen besseren Nachfolger hätte finden können als Dipl. Wirtsch. Ing. (FH) Gerald Jöbstl, MAS. 

Als Stammkunde im Gläsernen Dachl seit über 20 Jahren ist er der "Wunschkandidat" Frau Iwins. Er nutzt schon jetzt jede freie Minute, um gemeinsam mit Frau Iwin zusätzliche, neue Aktivitäten für die Buchhandlung zu planen:

Lesungen, Bazare, Zusammenarbeit mit biologisch-dynamischen Betrieben, und, und, und.

Man könnte sagen, immer wenn die Tür aufgeht und Gerald Jöbstl hereinspaziert, folgen ihm auf dem Fuße neue Ideen. Dabei ist beiden bewusst, dass Neues am besten organisch aus dem Bestehenden hervorgeht.

Was Brigitte Iwin und Gerald Jöbstl derzeit am häufigsten sagen, wenn sie Übergabe und Zukunft beraten, das ist: "Wir gehen es langsam an!"

Auf diese Weise kann es die Buchhandlung auch in 100 Jahren noch geben. 

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